Wenn die Wortwahl die Würde von Betreuten verletzt

 

Heute landet ein Schreiben eines Betreuers auf meinem Tisch in dem er mitteilt, dass er zum Betreuer “bestallt” worden sei und, dass er  zum Beleg auch seine “Bestallungsurkunde” beifügen würde.

Natürlich lag dem Schreiben keine Bestallungsurkunde bei, sondern ein Betreuerausweis. Für den Betreuer scheint das keinen Unterschied zu machen. Für mich schon, weil es zeigt, dass selbst Berufsbetreuer ihr Amt für so etwas wie eine Vormundschaft halten und damit die Gefahr besteht, dass sie die Betroffenen als entmündigt behandeln.

Zur Erklärung: Eine Vormundschaft über Volljährige gibt es nicht mehr. Vielmehr ist in Deutschland immerhin seit den 1990’er Jahren anerkannt, dass auch Menschen mit einer psychischen Erkrankung oder ein Demenzpatient ein Grundrecht auf vollwertige Beteiligung am gesellschaftlichen Leben haben, wobei dem Grunde nach auch der Rechtsverkehr eingeschlossen ist. Dagegen erhalten Kinder und Jugendliche tatsächlich noch Vormünder als gesetzliche Vertreter, wenn sie etwa Waisen sind oder ohne Eltern als Flüchtling nach Europa kommen.

Für die Interessierten: Die Bestallungsurkunde findet sich in § 1791 BGB von 1900 im Bereich des Vormundschaftsrechts, der Betreuerausweis dagegen in dem fast brandneuen FamFG von 2008.

Und warum ist das so schlimm: Die Wortwahl des Betreuers zeigt, dass der Grundgedanke des neuen Betreuungsrechts und der UN-Behindertenrechtskonvention in den Köpfen nicht angekommen ist. Es verletzt die Würde des Menschen, ihn aufgrund einer Erkrankung oder eines Handicaps nicht als vollwertige (Rechts)-Person zu behandeln.

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