Gegen Anliegergebühren kann man sich wehren
Es kann jeden Eigentümer eines Grundstücks treffen: Plötzlich flattern Bescheide der Gemeinden ins Haus, in denen munter Anliegergebühren in fünfstelliger Höhe gefordert werden. Die ältere alleinstehende Rentnerin soll dann ebenso zahlen, wie das junge Ehepaar das das eigene Haus nur mit Mühen finanziert hat.
Der Grund hierfür kann z.B. sein, dass die Straße kaputt ist sind und saniert werden muss. Manchmal ist der Grund auch die Neugestaltung der Straße in der man ein Grundstück hat, weil ein Einkaufsmarkt, ein Ärztehaus oder ein Park errichtet werden soll und die kommerziellen Bauherren eine schöne Umgebung für Ihr Projekt fordern. Letztlich kommt es immer wieder vor, dass ein neuer Stadtmanager für die Straße eine kreative Idee hat.
In allen Fällen fallen hohe Kosten an. Diese Kosten dürfen nach den Gemeinde- und Abgabeverordnungen auf die Anlieger verteilt werden.
Ein Entkommen ist häufig nicht möglich. Hat die Gemeinde erst einmal beschlossen, dass eine Straße gebaut, saniert oder neu gestaltet wird, werden die Kosten auf die Anlieger umgelegt.
Grundsätzlich muss jeder zahlen, unabhängig davon, ob er den Neubau, die Reparatur oder die Neugestaltung gewollt hat. Und dies auch, wenn man über kein Geld verfügt oder schon vor kurzem eine andere Maßnahme der Gemeinde bezahlt hat. Grundlage dafür sind die Verordnungen und Satzungen der Gemeinden und Städte.
Warum dürfen die Gemeinden und Städte Anliegergebühren erheben?
Der Gesetzgeber hat dies in den §§ 123 bis 135 des Baugesetzbuch (BauGB) und dem Kommunalabgabengesetz (KAG) den Gemeinden erlaubt und die machen davon Gebrauch. Der Grundgedanke ist, dass der Neubau, die Reparatur, Sanierung oder Neugestaltung den Anliegern nutzt.
Werden die Anlieger gefragt, ob sie einen Neubau oder eine Sanierung wollen?
Ja, allerdings bekommt der Anlieger dies in der Regel nicht mit. Bevor ein Vorhaben für einen Neubau oder Sanierung beschlossen wird, wird darüber öffentlich beraten. Die Termine der Beratungen werden in den Rat- und Gemeindehäusern bekannt gegeben. Zusätzlich werden die Termine in den örtlichen Zeitungen veröffentlicht. Nur nimmt an diesen Terminen in der Regel kaum ein Anlieger teil. Aber selbst wenn man daran teilnimmt, hat man als Einzelner kaum eine Möglichkeit die Entscheidung nachhaltig zu beeinflussen. Nur eine Bürgerinitiative oder eine andere Gruppe kann sich in der Regel Gehör verschaffen und auch eine öffentliche Diskussion auslösen.
Das Ziel dabei könnte sein, den Neubau oder die Sanierungen in der Art der Ausführung zu beeinflussen, um die Kosten so gering wie möglich zu halten. Überspitzt formuliert kann man sagen: Granit als Straßenbelag muss nicht immer sein.
Wonach richtet es sich, wie wieviel der Anlieger bezahlen muss?
Die vielen verschiedenen Gemeinden und Städte haben in ihren Verordnungen und Satzungen einen Verteilungsschlüssel.
festgelegt. Allgemein lässt sich die Frage daher nicht beantworten. Die Kriterien können sein: Die Art der Bebauung (gewerblich/privat), die Geschosshöhe, die Grundstücksfläche oder die Länge der Straßenlinie des Grundstücks. Besser gestellt sind nur Eigentümer von landwirtschaftlichen Flächen.
Wie kann der Anlieger der Zahlungspflicht entgehen?
Hat man den Zeitpunkt verpasst, um die Planungen zu beeinflussen, bleibt häufig nur das Nachrechnen, ob die Gemeinde die Kosten richtig verteilt hat. Es ist dann wichtig, innerhalb einer Frist von einem Monat Widerspruch und anschließend Klage einzureichen.
Im Einzelfall kann die Zahlung von der Gemeinde auch in Ratenzahlungen umgewandelt oder ganz erlassen werden. Voraussetzung ist das Vorliegen eines Härtefalls. Will die Gemeinde nicht, sollte man auf § 135 BauGB hinweisen, dort heißt es sinngemäß, dass zur „Vermeidung unbilliger Härten im Einzelfall” gestundet oder erlassen werden kann.
Ein Musterschreiben könnte lauten:
Sehr geehrte Damen und Herren,
hiermit beantrage ich den Erlass und hilfsweise die Stundung der festgesetzten Gebühren.
Begründung: …. (Hier sollte man begründen, weshalb die Gebühren eine besondere Härte begründen)
Die Beratung durch einen Rechtsanwalt ist dabei dringend zu empfehlen, da nur dieser damit vertraut ist, was der Gesetzgeber unter einem Härtefall versteht und wie man das Vorliegen in der eigenen Person deutlich macht.
Was kostet der Rechtsanwalt?
Die gesetzlichen Mindestgebühren betragen bei einem Bescheid über € 10.000,- bei einer durchschnittlichen Angelegenheit etwa € 800,-. Ein Betrag der sich häufig schnell bezahlt macht.