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Ohne ordentlichen Plan keine Anliegergebühren
OVG Schleswig Beschluss vom 5. Dezember 2007, AZ: 2 MB 24/07 – 9 B 72/07
Stichworte: Straßenausbaubeitrag, Entstehung der sachlichen Beitragspflicht, Abnahme, Unternehmerrechnung, Schlussrechnung Die sachliche Beitragspflicht entsteht nach schl.-holst. Landesrecht mit Abschluss der Maßnahme. Die Maßnahme ist regelmäßig abgeschlossen bei Verwirklichung des Bauprogramms und Abnahme. Auf den Eingang von Unternehmerrechnungen kommt es nicht an.
Leitsatz der Redaktion: “In Schleswig Holstein können die Bürger nur dann zu Anliegergebühren herangezogen werden, wenn feststeht was gebaut wird bevor die Straße fertig ist. Dabei kommt es gar nicht selten vor, dass Straßen gebaut werden, die so nie geplant wurden – aber ein bisschen anders:”
Aus den Gründen:
Die zulässige Beschwerde der Antragstel- lerin ist begründet. Der verwaltungsge- richtliche Beschluss vom 31. Oktober 2007 ist zu ändern, weil der Antrag auf Ge- währung vorläufigen Rechtsschutzes zu- lässig und begründet ist.
Die Zulässigkeit des Antrages nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO scheitert nicht an der Zugangsvoraussetzung des § 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO. Nach Einlegung des Wider- spruchs gegen den Ausbaubeitragsbe- scheid vom 27. April 2007 setzte die Antragsgegnerin dessen Vollziehung in Hö- he des hier streitigen Betrages von 1.907,72 € zunächst von Amts wegen aus. Daraufhin bat die Antragstellerin um Rücküberweisung dieses Betrages und regte an, das Widerspruchsverfahren bis zur verwaltungsgerichtlichen Klärung der aufgeworfenen Rechtsfrage ruhen zu las- sen. Nach entsprechender Prüfung hob die Antragsgegnerin die Aussetzung der Vollziehung mit Schreiben vom 10. Juli 2007 dennoch wieder auf. Dieser Sach- verhalt kommt der Ablehnung eines Antra- ges auf Aussetzung der Vollziehung gleich. Die aufschiebende Wirkung des Wider- spruchs soll bei der Anforderung öffentli- cher Abgaben und Kosten angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwal- tungsaktes bestehen oder wenn die Voll- ziehung für den Abgaben- oder Kostenpf- lichtigen eine unbillige, nicht durch über- wiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (§ 80 Abs. 5 und Abs. 4 Satz 3 VwGO). Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen, wenn der Er- folg der Klage oder des Rechtsmittels ebenso wahrscheinlich ist wie deren Miss- erfolg (std. Rspr. des Senats, vgl. Be- schlüsse v. 19.04.1991 – 2 M 2/91 – NVwZ-RR 1992, 106 f; v. 24.06.1998 – 2 M 7/98 –, Die Gemeinde 1998, 341 f.; v. 03.06.1999 – 2 M 9/99 –; v. 04.12.2000 – 2 M 43/00 – m.w.N.).
Die zulässige Beschwerde der Antragstel- lerin ist begründet. Der verwaltungsge- richtliche Beschluss vom 31. Oktober 2007 ist zu ändern, weil der Antrag auf Ge- währung vorläufigen Rechtsschutzes zu- lässig und begründet ist.
Die Zulässigkeit des Antrages nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO scheitert nicht an der Zugangsvoraussetzung des § 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO. Nach Einlegung des Wider- spruchs gegen den Ausbaubeitragsbe- scheid vom 27. April 2007 setzte die Antragsgegnerin dessen Vollziehung in Hö- he des hier streitigen Betrages von 1.907,72 € zunächst von Amts wegen aus. Daraufhin bat die Antragstellerin um Rücküberweisung dieses Betrages und regte an, das Widerspruchsverfahren bis zur verwaltungsgerichtlichen Klärung der aufgeworfenen Rechtsfrage ruhen zu las- sen. Nach entsprechender Prüfung hob die Antragsgegnerin die Aussetzung der Vollziehung mit Schreiben vom 10. Juli 2007 dennoch wieder auf. Dieser Sach- verhalt kommt der Ablehnung eines Antra- ges auf Aussetzung der Vollziehung gleich. Die aufschiebende Wirkung des Wider- spruchs soll bei der Anforderung öffentli- cher Abgaben und Kosten angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwal- tungsaktes bestehen oder wenn die Voll- ziehung für den Abgaben- oder Kostenpf- lichtigen eine unbillige, nicht durch über- wiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (§ 80 Abs. 5 und Abs. 4 Satz 3 VwGO). Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen, wenn der Er- folg der Klage oder des Rechtsmittels ebenso wahrscheinlich ist wie deren Miss- erfolg (std. Rspr. des Senats, vgl. Be- schlüsse v. 19.04.1991 – 2 M 2/91 – NVwZ-RR 1992, 106 f; v. 24.06.1998 – 2 M 7/98 –, Die Gemeinde 1998, 341 f.; v. 03.06.1999 – 2 M 9/99 –; v. 04.12.2000 – 2 M 43/00 – m.w.N.).
Hieran gemessen und ausgehend von den in der Beschwerde dargelegten Gründen, auf deren Überprüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, bestehen ernstliche Zweifel an der Recht- mäßigkeit des Beitragsbescheides, soweit er im Rahmen des Verfahrens auf Ge- währung vorläufigen Rechtsschutzes an- gegriffen ist. Die Antragstellerin ist Eigentümerin des Eckgrundstückes …, welches auch an der in der Zeit von Juni bis November 2005 von der Antragsgegnerin ausgebauten K. Straße liegt. Die zunächst erhobene Vorauszahlung auf den Ausbaubeitrag durch Bescheid vom 23. Juni 2005 belief sich auf 2.984,01 €, wobei der erwartete Ausbau- beitrag unter Berücksichtigung einer Eck- grundstücksermäßigung von zwei Dritteln gemäß der Satzung über die Erhebung von Beiträgen für den Ausbau und Umbau von Straßen, Wegen und Plätzen (Aus- baubeitragssatzung vom 15. März 2000) – ABS – berechnet wurde. Nach übereinstimmendem Vortrag der Beteiligten erfolgte die technische Abnahme der Aus- baumaßnahme am 15. November 2005. Nachdem die Eckgrundstücksermäßigung des § 6 Abs. 5 ABS durch die 1. Änderungssatzung vom 24. Oktober 2005 zum 1. Januar 2006 aufgehoben worden war und die letzten Unternehmerrechnun- gen im Verlauf des Jahres 2006 eingegan- gen waren, zog die Antragsgegnerin die Antragstellerin durch Bescheid vom 27. April 2007 ohne Gewährung einer Eck- grundstücksermäßigung zu einem end- gültigen Ausbaubeitrag in Höhe von 5.723,72 € heran (und forderte die Zah- lung einer Restsumme von 2.739,71 €). Dieser Ausbaubeitragsbescheid ist aller Voraussicht nach rechtswidrig, soweit ein endgültiger Beitrag von mehr als 3.815,81 € festgesetzt wird. Nach Auf- fassung des Senats hätte nämlich bei der Berechnung des Beitrags eine Eck- grundstücksermäßigung in Höhe von 1.907,91 € gewährt werden müssen, wie sie sich in Anwendung der ursprünglichen Ausbaubeitragssatzung ergibt.
Grundlage der Heranziehung zu Straßen- ausbaubeiträgen kann nur eine Satzung sein, die zum Zeitpunkt des Abschlusses der abzurechnenden Straßenbaumaßnah- me Geltung hat (Senatsurt. v. 13.10.1999 – 2 L 116/97 – Die Gemeinde 2000, 43; Habermann in: Dewenter/Habermann/ Riehl/Steenbock/Wilke, KAG, § 8 Rdnr. 291). Der „Abschluss der Maßnahme“ i.S.d. § 8 Abs. 4 Satz 3 KAG ist nach heu- tiger Auffassung des Senats auf den Zeit- punkt der technischen Verwirklichung des Bauprogramms mit anschließender Ab- nahme festzulegen mit der Folge, dass die sachliche Beitragspflicht für den Ausbau der K. Straße bereits im November 2005 entstanden und die Ausbaubeitragssat- zung in ihrer ursprünglichen Fassung vom 15. März 2000 einschließlich der in § 6 Abs. 5 ABS vorgesehenen Eckgrund- stücksermäßigung anzuwenden ist. Ob auf den Zeitpunkt der technischen Ab- nahme oder – wie die Antragsgegnerin meint – auf den des Eingangs der letzten Unternehmerrechnung abzustellen ist, wird in Literatur und Rechtsprechung un- einheitlich beurteilt. Das BVerwG stellt im Erschließungsbeitragsrecht auf den Zeit- punkt ab, in dem im Anschluss an die Beendigung der technischen Arbeiten der hierfür entstandene Aufwand feststellbar ist, also regelmäßig bei Eingang der letz- ten, im Anschluss an die Bauarbeiten er- teilten Unternehmerrechnung. Die Bere- chenbarkeit des Aufwandes sei schon deshalb zum Bestandteil der “endgültigen Herstellung” zu machen, weil der Er- schließungsbeitrag von dem beitragsfähi- gen Aufwand und damit von den tatsäch- lich entstandenen Kosten abhänge und sich der entstandene Aufwand erst nach Eingang der letzten Rechnung feststellen lasse. Weiter heißt es im Urteil vom 22. 08.1975 (– IV C 11.73 – BVerwGE 49, 131, 135 = DÖV 1976, 95, vgl. dazu auch Beschl. v. 21.08.1990 – 8 B 81/90 – Buch- holz 406.11 § 128 BauGB Nr. 44): „Die Beitragspflicht entsteht regelmäßig – bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen im Zeitpunkt der “endgültigen Herstel- lung” der Anlage und zwar “voll ausgebil- det”; sie entsteht in diesem Zeitpunkt in bestimmter Höhe, kann auch der Höhe nach nicht mehr geändert werden und ist deshalb schon geeignet, die Verjährungs- frist in Lauf zu setzen (…). Entsteht die Bei- tragspflicht aber bereits der Höhe nach “voll ausgebildet”, so muss – wegen der Abhängigkeit der Beitragshöhe vom ent- standenen Aufwand – dieser Aufwand zu- mindest ermittlungsfähig sein. Auch im Hinblick auf die Verjährung führt allein die- ses Verständnis des Begriffes der “endgül- tigen Herstellung” zu dem sachgerechten Ergebnis, dass die Verjährungsfrist jeden- falls nicht in Lauf gesetzt werden kann, be- vor die Schlußrechnung eingegangen ist. Die gegenteilige Meinung würde zu Lasten der Gemeinden zu einer nicht gerechtfer- tigten Verkürzung der – im übrigen landes- rechtlich zu bestimmenden – Verjährungsfrist führen.“ Dem hatten sich für das schleswig-holstei- nische Straßenausbaubeitragsrecht zu- nächst das OVG Lüneburg (Urt. v. 18.03. 1986 – 9 A 237/82 – Die Gemeinde 1986, 229) und später der Senat angeschlossen und entsprechend an den Eingang der letzten für die Ermittlung des beitragsfähi- gen Aufwandes erheblichen Rechnung angeknüpft (vgl. Beschl. v. 07.04.1992 – 2 M 10/92 – und v. 13.01.1995 – 2 M 80/94 – Die Gemeinde 1996, 217; Urt. v. 18.01. 1995 – 2 L 113/94 – Die Gemeinde 1995, 84), ohne dass es allerdings darauf an- kommen sollte, dass sich die letzte Unter- nehmerrechnung als sachlich richtig er- weist (Beschl. v. 02.03.2001 – 2 L 142/00 – NordÖR 2001, 419). Die Obergerichte anderer Bundesländer haben die Rechtsprechung des BVerwG für ihr Straßenausbaubeitragsrecht eben- falls überwiegend übernommen (OVG Bautzen, Urt. v. 02.02.2005 – 5 B 510/03; KStZ 2005, 192; OVG Greifswald, Urt. v. 02.11.2005 – 1 L 105/05 – [Eingang der Mitteilung der endgültigen Zuschusshöhe durch den Fördermittelgeber] m.w.N. in ju- ris; OVG Koblenz, Urt. v. 21.08.2007 – 6 A 10527/07 – und v. 29.10.2002 – 6 A 10419/01 – beide in juris; OVG Lüneburg, Beschl. v. 29.08.2003 – 9 ME 421/02 – NVwZ-RR 2005, 133; VGH München, Urt.v. 30.11.2006 – 6 B 03.2332 –, v. 29.09.1998 – 6 B 95.3857 – m.w.N., beide in ju- ris; OVG Magdeburg, Urt. v. 17.10.2002 – 2 L 119/01 –, Beschl. v. 22.03.2005 – 4 M 594/04 – und v. 26.08.2002 – 2 L 269/00 alle in juris; vgl. auch Driehaus, Erschlie- ßungs- und Ausbaubeiträge, 8. Aufl., § 19 Rdnr. 6 u. 9,§ 37 Rdnr. 8 m.w.N.; ders., Kommunalabgabenrecht, Stand Sept. 2006, § 8 Rdnr. 490, 490d ff.).
Bei Fortführung dieser Rechtsprechung wäre die Ausbaubeitragssatzung hier in der zum 1. Januar 2006 in Kraft getrete- nen Fassung der 1. Änderungssatzung anzuwenden mit der Folge, dass keine Eckgrundstücksermäßigung zu gewähren und die Beschwerde zurückzuweisen ist. Allerdings hat der Senat seine o. g. Recht- sprechung nicht weiter fortgeführt, son- dern die Frage nach der Entstehung der sachlichen Ausbaubeitragspflicht in spä- teren Entscheidungen stets offen lassen können (vgl. Urt. v. 28.10.1997 – 2 L 281/ 95 – Die Gemeinde 1998, 98, 102, v. 13. 10.1999 – 2 L 116/97 – Die Gemeinde 2000, 43 und v. 13.05.2004 – 2 LB 78/03; Beschl. v. 29.06.2006 – 2 MB 4/06 –).
Im Falle der nunmehr als entscheidungs- erheblich aufgeworfenen und zum alleini- gen Gegenstand der Beschwerde ge- machten Rechtsfrage folgt der Senat der genannten Rechtsprechung im Straßen- ausbaubeitragsrecht nicht mehr, sondern geht von folgenden Überlegungen aus: Ein Abgabenanspruch entsteht gem. § 11 Abs. 1 Satz 2 KAG i.V.m. § 38 AO, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft. Ent- sprechend bestimmt § 8 Abs. 4 Satz 3 KAG, dass die Beitragspflicht mit dem Ab- schluss der Maßnahme entsteht, die für den Ausbau der öffentlichen Einrichtung erforderlich ist. § 7 Satz 1 ABS ergänzt: „mit dem Abschluss der beitragsfähigen Maßnahme entsprechend dem Bauprogramm“. Schon der Wortlaut dieser Normen spricht gegen die Annahme, dass die der eigent- lichen Straßenbaumaßnahme folgende Rechnungslegung, die außerhalb dieses technischen, objektiv bestimmbaren Vor- gangs liegt, zum gesetzlichen Tatbestand gehört (vgl. OVG Frankfurt/Oder, Beschl. v. 02.08.2002 – 2 A 682/01.Z – LKV 2003, 92 m.w.N.; Habermann a.a.O., § 8 Rdnr. 294). Abgesehen davon sprechen auch Sinn und Zweck der beitragsrechtlichen Bestimmung gegen die Einbeziehung der Rechnungslegung (vgl. OVG Frankfurt/ Oder a.a.O.). Da der Beitrag als Gegen- leistung für einen durch die Baumaßnahme vermittelten grundstücksbezogenen Vorteil erhoben wird (§ 8 Abs. 1 KAG) und dieser Vorteil bereits mit der Möglichkeit der Inanspruchnahme der ausgebauten Einrichtung (Senatsurt. v. 28.10.1997 – 2 L 281/95 – Die Gemeinde 1998, 98, 99) bzw. mit der objektiven Gebrauchswerter- höhung des Grundstücks (Habermann a.a.O., § 8 Rdnr. 140 f) entsteht, ist die vorteilsrelevante Leistung der Gemeinde mit Verwirklichung des Bauprogramms und Abnahme der Maßnahme erbracht (Böttcher in: Thiem/Böttcher, KAG Bd. 2, § 8 Rdnr. 240c). Genügt aber für die Vor- teilsentstehung der bautechnische Ab- schluss der Maßnahme, sollte für die Ent- stehung der sachlichen Beitragspflicht, die in Bezug auf das nunmehr bevorteilte Grundstück und den (noch zu bestimmen- den) Beitragspflichtigen ein abstraktes Beitragsschuldverhältnis begründet, nichts anderes gelten. Konsequenterwei- se hindern verbleibende Ungewissheiten über die Höhe der tatsächlich entstande- nen Kosten (und damit des beitragsfähi- gen Aufwands) nach Verwirklichung des Bauprogramms nicht die Entstehung der sachlichen Beitragspflicht, sondern ste- hen allenfalls der konkreten Abgabenfest- setzung i.S.d. § 11 Abs. 1 Satz 2 KAG i.V.m. § 155 Abs. 1 Satz 1 AO entgegen (vgl. OVG Münster, Beschl. v. 31.01.2000; 15 A 290/00 – NVwZ-RR 2001, 685 m.w.N.). Die Abhängigkeit der Beitrags- höhe vom entstandenen Aufwand recht- fertigt das Hinausschieben des Entste- hungszeitpunktes der sachlichen Bei- tragspflicht nicht. Abgesehen davon, dass es keinen allgemeinen Rechtsgrundsatz gibt, wonach eine Forderung erst entste- hen kann, wenn sie der Höhe nach fest- steht (Habermann a.a.O., § 8 Rdnr. 291, 294), bedarf es der konkreten Bestim- mung der Beitragshöhe auch erst bei Be- gründung der persönlichen Beitrags- pflicht, also gem. § 8 Abs. 5 Satz 1 KAG und § 3 Satz 1 ABS bei Bekanntgabe des Beitragsbescheids (Habermann a.a.O., §8 Rdnr. 276, 291). Soweit das BVerwG und ihm folgend die o. g. Rechtsprechung die Bestimmbarkeit des Beitrags dennoch zur Voraussetzung oder jedenfalls zum un- geschriebenen Tatbestandsmerkmal (so OVG Greifswald, Urt. v. 02.11.2005 a.a.O.) erhebt, wird die Frage des Entste- hens der sachlichen Beitragspflicht aus sachlich nicht zu rechtfertigenden, ergeb- nisorientierten Gründen mit dem erst bei der Heranziehung des Grundstücksei- gentümers endgültig zu ermittelnden und festzusetzenden Beitrag verknüpft (vgl. OVG Münster a.a.O.). Entsprechendes gilt für die auch vom Verwaltungsgericht zitierte Erwägung, die Gemeinde vor einer nicht gerechtfertigten Verkürzung der Festset- zungsfrist bewahren zu wollen (Böttcher a.a.O., § 8 Rdnr. 241). Beide Aspekte sind verfahrensrechtlicher Art und gesetzes- systematisch im 3. Abschnitt des schl.- holst. KAG (§§ 11 ff.) angesiedelt, sollten also auch nicht zur Auslegung des Tatbe- standsmerkmals „Abschluss einer Maß- nahme“ im Rahmen des die Abgabearten regelnden 2. Abschnitts, konkret in § 8 Abs. 4 Satz 3 KAG, herangezogen werden (vgl. zum BbgKAG: OVG Frankfurt/Oder a.a.O.), zumal es dieser Verknüpfung auch nicht bedarf. Der vom BVerwG (a.a.O., ferner Urt. v. 05. 09.1975 – IV CB 75.73 – NJW 1976, 818 = DÖV 1976, 96) hervorgehobene Um- stand, dass die Beitragsforderung schon bei endgültiger Herstellung derartig voll als Anspruch ausgestaltet ist, dass sie das Beitragsschuldverhältnis in Bezug auf das Grundstück und gegenüber dem Beitragspflichtigen zu begründen und den Lauf der Verjährungsfrist in Gang zu set- zen vermag, erfordert, wie dargelegt, noch keine konkrete Bestimmung der Höhe, sondern allenfalls deren spätere Bestimm- barkeit (Habermann aaO § 8 Rdnr. 294). Ausreichen dürfte insoweit, dass bei Fer- tigstellung der Baumaßnahme anhand der in Auftrag gegebenen und ausgeführten Arbeiten ermittelt werden kann, welche der maßnahmebedingten Kosten dem Grunde nach umlagefähig sind. Zudem kann auch den Bedenken hinsichtlich der nur vierjährigen Festsetzungsfrist des § 15 KAG gesetzeskonform begegnet werden. Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Abgabe (sachlich) entstanden ist, § 11 Abs. 1 Satz 2 KAG i.V.m. § 170 Abs. 1 AO.
Sofern eine Kommune tatsächlich Proble- me bekommen sollte, diese Frist einzuhalten, etwa weil sich die Schlussabrechnung hinauszögert, besteht gem. § 11 Abs. 1 Satz 2 KAG i.V.m. § 165 Abs. 1 AO die Möglichkeit einer vorläufigen Beitragsfest- setzung (Festsetzung des gewiss entstan- denen Beitrags unter dem Vorbehalt der weiteren Festsetzung nach Beseitigung der Ungewissheit) oder der Aussetzung der Beitragsfestsetzung (vorläufiges Abse- hen von der Beitragsfestsetzung, wenn die Höhe des Aufwands im Ganzen noch ungewiss ist). Dies hat zur Folge, dass die Festsetzungsfrist nicht vor dem Ablauf ei- nes Jahres, nachdem die Ungewissheit beseitigt ist und die Gemeinde hiervon Kenntnis erhalten hat, abläuft (§ 11 Abs. 1 Satz 2 KAG i.V.m. § 171 Abs. 8 Satz 1 AO). Bedenken gegen die Anwendbarkeit die- ser Vorschrift bei Ungewissheit über die Höhe des beitragsfähigen Aufwandes be- stehen nicht. Dieser Weg stellt eine zügige Geltendmachung des entstandenen Bei- trags sicher und erlaubt zugleich eine ge- naue Fixierung des Zeitpunkts der Entste- hung der Beitragspflicht. Bei Einbeziehung weiterer Faktoren wie den Eingang der letzten Unternehmerrechnung bzw. Schlussabrechnung, der Mitteilung der endgültigen Höhe eines Zuschusses oder der Feststellbarkeit der Fremdfinanzie- rungskosten entstehen zahlreiche Unwäg- barkeiten, die vermeidbar sind und im In- teresse der Rechtssicherheit auch vermie- den werden sollten (OVG Münster und OVG Frankfurt/Oder a.a.O.; so auch Bött- cher a.a.O., § 8 Rdnr. 241 und Haber- mann a.a.O., § 8 Rdnr. 294). Hinzu kommt, dass selbst bei Eingang der letzten Unternehmerrechnung keine Gewähr für eine korrekte Bestimmbarkeit der Ko- sten besteht, verzichtet man dabei wegen des sonst eintretenden Schwebezustan- des (so Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 8. Aufl., § 19 Rdnr. 9) auf deren sachliche Richtigkeit (Böttcher a.a.O., § 8 Rdnr. 240a).
Nach alledem ist die Maßnahme i.S.d. § 8 Abs. 4 Satz 3 KAG zwar nicht mit dem „letzten Spatenstich“, wohl aber mit Ab- nahme der Baumaßnahme i.S.d. § 640 BGB als abgeschlossen anzusehen. Da- mit markiert die Abnahme nicht nur zivil- rechtlich die Fälligkeit des Vergütungsan- spruches des beauftragten Werkunter- nehmers und den Gefahrübergang auf die Gemeinde, sondern bildet beitragsrecht- lich im Regelfall zugleich den Abschluss der von der Gemeinde zu erbringenden vorteilsrelevanten Leistung gegenüber den Beitragspflichtigen (so auch Böttcher a.a.O., § 8 Rdnr. 241b und Habermann a.a.O., § 8 Rdnr. 293). So lässt sich der Zeitpunkt der Entstehung des abstrakten Beitragsschuldverhältnisses, des Beginns der Festsetzungsfrist und nicht zuletzt der für das anzuwendende Satzungsrecht maßgebliche Zeitpunkt zweifelsfrei ermit- teln. Vorliegend führt dies bei einer Abnah- me im November 2005 zur Anwendung der Ausbaubeitragssatzung in ihrer ur- sprünglichen Fassung vom 15. März 2000 einschließlich der in § 6 Abs. 5 ABS vor- gesehenen Eckgrundstücksermäßigung und damit zur begehrten Anordnung der aufschiebenden Wirkung.